Zuwanderung und Qualifizierung nicht gegeneinander ausspielen

Zuwanderung und Qualifizierung nicht gegeneinander ausspielen

Seit Tagen schwelt der Streit durch das Sommerloch: Brauchen wir mehr Zuwanderung? Teils polemisch, teils in vollkommen überalterten Mustern kommen täglich Beiträge aus der CDU/CSU, warum wir keine weitere Zuwanderung mehr brauchen. Man müsse doch auch an die Jugendlichen in Deutschland denken, und diese erstmal qualifizieren. Meine Meinung: Wir dürfen die Zuwanderung qualifizierter Fachkräfte und die Qualifizierung junger Menschen nicht gegeneinander ausspielen. Wir brauchen beides!

Keine neue Erkenntnis: Deutschland braucht qualifizierte Zuwanderer, um künftig unser Wohlstandsniveau zu halten. Viele Länder stehen in einem Wettbewerb um hochmotivierte qualifizierte Fachkräfte und wir in Deutschland haben allzu oft das Nachsehen. Mittlerweile sind wir eine Auswanderungsgesellschaft für Qualifizierte, das müssen CDU/CSU und Bundeskanzlerin Merkel endlich begreifen! Schon heute – im August 2010 – fehlen z.B. 36.000 IT-Ingenieure, wir können nicht länger warten.

Dass viele Unionspolitiker jetzt behaupten, dass erst einmal die Jugendlichen hierzulande ausgebildet werden müssten, bevor wir das Zuwanderungsrecht angehen, riecht nach Populismus. Das Traurige daran: Es funktioniert seit vielen Jahren in unserem Land. Vielmehr ist richtig, dass wir eine sinnvolle Ergänzung von Zuwanderung und gleichzeitig besserer Qualifizierung von Jugendlichen brauchen.

Die Jugendlichen brauchen ein weitaus durchlässigeres System in der Berufsbildung, das individuelle Fähigkeiten und Kompetenzen fördert und nicht frühzeitig Chancen verbaut. In Gesprächen mit Sozialverbänden in meinem Wahlkreis Hamburg-Wandsbek wurde ich darauf aufmerksam gemacht, dass die Ausbildung im Pflegebereich, wo bereits heute ein eklatanter Fachkräftemangel herrscht, bei Hauptschülern bis zu fünf Jahre dauert. Das können sich die Pflege-Betriebe größtenteils gar nicht leisten. Gleichzeitig wenden sich viele Jugendliche an mich, die einst die Schule abgebrochen, dies aber später bereut haben. Diesen Menschen Mitte zwanzig haben wir kaum etwas anzubieten. Da liegt noch Einiges im Argen – am Ende zahlt die Gesellschaft.

Dass die Union Ängste vor massenhafter Zuwanderung schürt, ist unverantwortlich – das will niemand. Die SPD fordert seit Längerem ein Punktesystem für die gezielte Zuwanderung qualifizierter Fachkräfte.  So können wir Zuwanderung sinnvoll steuern und verbauen gerade nicht den zukünftigen Generationen die Chancen, sondern schaffen ihnen weitere Ausbildungs- und Arbeitsplatzmöglichkeiten. Vielleicht schaffen wir es ja eines Tages auch bei diesem Thema mit mehr Realitätssinn gemeinsam sinnvolle Maßnahmen zu ergreifen.