Zum vierten Jahrestag der Aufdeckung der NSU-Mordserie: Neuen Rechtsterrorismus verhindern
Heute am vierten Jahrestag der Aufdeckung der NSU-Mordserie habe ich mich mit Vertretern des Bundesministeriums des Innern und des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz, Ländervertretern, der Ombudsfrau der Bundesregierung für die NSU-Opfer und -Opferangehörigen, Prof. Dr. Barbara John und Dr. Hendrik Cremer vom Deutschen Institut für Menschenrechte sowie Angehörigen der Opfer und deren Anwälten getroffen, um über den aktuellen Umsetzungsstand der Empfehlungen des NSU-Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestags zu diskutieren.
Vier Jahre nach der Aufdeckung der Morde des NSU und zwei Jahre, nachdem der erste NSU-Untersuchungsausschuss im Bundestag seine konkreten Empfehlungen vorgestellt hat, arbeiten wir noch immer daran, dass sich die Ereignisse nicht wiederholen können. Auch vier Jahre nach der Aufdeckung dieser unfassbaren menschenfeindlichen Verbrechen haben wir noch keine zufriedenstellende Antwort darauf, wie die Sicherheitsbehörden auf allen Ebenen so eklatant versagen konnten, wieso all die Jahre beharrlich in falsche Richtungen ermittelt wurde, ein rechtsextremistischer Hintergrund der Taten stets negiert oder klein geredet wurde und der Austausch von Informationen und Ermittlungsergebnissen über die Grenzen von Bundesländern hinweg nicht funktioniert hat, oder schlicht nicht gewollt war.
Bei der Aufarbeitung der NSU-Verbrechen geht es nicht nur um eine Rückschau. Angesichts brennender Flüchtlingsheime und einer beängstigenden Radikalisierung von Flüchtlingsgegnern ist die Frage, wie Rechtsterrorismus entsteht, leider wieder hochaktuell. Wir erleben derzeit eine Welle der Gewalt gegen Flüchtlinge, kaum ein Tag vergeht ohne neue Anschläge auf Unterkünfte oder Angriffe auf Flüchtlinge. Über 600 Anschläge hat das Bundesinnenministerium seit Anfang des Jahres gezählt, zunehmend richtet sich die Gewalt auch gegen Flüchtlinge selbst. Damit einher geht eine unsägliche Hetze gegen Flüchtlinge und Menschen, die sich für sie einsetzen. Die Rhetorik wird dabei immer aggressiver, nicht nur von Pegida. Auch die AfD zündelt eifrig mit und trägt zu einer Verrohung der Debatte bei. Diese Entwicklung ist besorgniserregend und sollte uns wachsam werden lassen. Das heißt zum Beispiel, dass die Sicherheitsbehörden sehr genau prüfen sollten, ob es sich bei den Anschlägen wirklich nur um Einzeltaten handelt oder ob System dahinter steckt, gar von vernetzten Strukturen gesprochen werden kann. Zu hoffen ist, dass die Verfassungsschutzämter aus ihrem damaligen katastrophalen Versagen Lehren gezogen haben und inzwischen besser aufgestellt sind. Das gilt auch für die Polizei, der es häufig an Sensibilität und Aufklärungswillen gemangelt hat, wenn es um rechte Gewalt und ausländische Opfer ging.
Ein weiterer Untersuchungsausschuss auf Bundesebene zu immer noch ungeklärten Sachverhalten wird am 9. November im Deutschen Bundestag seine Arbeit aufnehmen. Ich erhoffe mir hier weitere Erkenntnisse zum Umfeld der drei mutmaßlich bekannten Täter, zu ihrem Unterstützer-Netzwerk, zu ihren Helfern. Und zur Rolle der Sicherheitsbehörden und ihrem Versagen. Wir sind es den Opfern, ihren Angehörigen und nicht zuletzt uns selbst schuldig, alles dafür zu tun, dass sich eine solche rechtsextreme Mordserie nicht wiederholen kann.