Ohne Quote bewegt sich nichts
An diesem Donnerstag wird im Bundestag über drei unterschiedliche Gesetzentwürfe zur Einführung einer verbindlichen Frauenquote in den Führungsgremien der deutschen Wirtschaft abgestimmt. Einer dieser drei Gesetzentwürfe wurde vom Hamburger Senat bereits erfolgreich im Bundesrat zur Abstimmung gestellt – dem Gesetzentwurf stimmten damals auch die saarländische CDU-Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer und der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff (CDU) zu. Mehrere Quoten-Befürworterinnen von CDU/CSU und FDP hatten angekündigt, ebenfalls ihre Zustimmung zu geben – darunter Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen. Wie sie und ihre Mitstreiterinnen am Donnerstag nun tatsächlich abstimmen werden, bleibt abzuwarten.
Die Nervosität in der Union scheint allerdings ziemlich groß zu sein, denn am Montagabend wurde entgegen der aktuellen Beschlusslage der CDU (Flexi-Quote) in aller Eile den Quoten-Befürworterinnen ein zweifelhaftes Kompromiss-Angebot für eine mögliche Frauenquote ab dem Jahr 2020 unterbreitet. Hierzu soll eine Frauenquote von 30 Prozent für Aufsichtsräte als Absichtsbekundung ins gemeinsame Wahlprogramm von CDU und CSU aufgenommen werden. Das ist allerdings nicht mehr als ein vages Versprechen auf eine ferne Zukunft. Die konservativen Kräfte in der Union widersprechen selbst diesem Minimalkompromiss und lehnen jegliche Quoten weiterhin ab. Ob die Kanzlerin und ihr Fraktionschef Volker Kauder dieses mickrige Angebot also überhaupt aufrecht erhalten können, darf stark bezweifelt werden.
Es zeigt aber vor allem, dass sie die Zeichen der Zeit immer noch nicht erkannt haben:
- In den Spitzenpositionen der Wirtschaft gibt es zu wenige weibliche Führungskräfte. So sind nur 13 Prozent der Aufsichtsräte in den 200 größten Unternehmen Frauen. Mehr als zwei Drittel davon sind Vertreterinnen der Arbeitnehmerseite. In den DAX 30 Unternehmen liegt der Frauenanteil in den Aufsichtsräten bei 19 Prozent. In den Vorständen der 200 größten Unternehmen sitzen nur 4 Prozent Frauen. Damit sind 90 Prozent der Vorstände reine Männerrunden. In den DAX 30 Unternehmen sind Frauen mit 8 Prozent auf der Vorstandsebene vertreten.
- Bisherige Selbstverpflichtungen der Unternehmen haben zu keinen nennenswerten Veränderungen geführt. Schon 2001 haben sich die Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft gegenüber der Bundesregierung zur Erhöhung des Anteils von Frauen in Führungspositionen verpflichtet. Mehr als zehn Jahre später hat sich nur wenig bewegt. Und daran wird auch der Stufenplan der Bundesregierung nichts ändern. Er verpflichtet Unternehmen, sich eigene Ziele für die Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen zu setzen. Doch die Umsetzung ist freiwillig. Und nicht einmal die sogenannte Flexi-Quote, die Unternehmen die Selbstverpflichtung gesetzlich vorschreibt, wird aufgrund des Widerstands der FDP kommen
- Nur mit gesetzlichen Vorgaben wird sich etwas ändern. Und es muss jetzt gehandelt werden. Denn in diesem Jahr werden allein in den DAX-30-Unternehmen rund 80 Aufsichtsratsmitglieder neu bestellt. Auch in vielen M-DAX, S-DAX und Tec-DAX Unternehmen stehen Neuwahlen an. Mit der Frauenquote würde sicher gestellt, dass dieses Jahr den Auftakt für eine Trendwende bildet.
Die Gesetzentwürfe können Sie hier im Wortlaut nachlesen:
- Der Gesetzentwurf der SPD-Bundestagsfraktion zur „Förderung der Chancengleichheit von Männern und Frauen in Wirtschaftsunternehmen“ schlägt die weitestgehende Regelung vor. Er sieht eine geschlechtergerechte Besetzung von Vorständen und Aufsichtsräten börsennotierter und mitbestimmter Unternehmen vor. Ab 2013 soll für Neubesetzungen in Aufsichtsräten eine Mindestquote für Frauen von 30 Prozent gelten. In Vorständen müssen 20 Prozent erreicht werden. Ab 2015 ist ein Frauenanteil von 40 Prozent für Aufsichtsräte und Vorstände verpflichtend. Bei mitbestimmten Unternehmen müssen die Quoten jeweils auf Aktionärsseite und auf Arbeitnehmerseite eingehalten werden. Wird die Quote nicht erfüllt, bleiben die Sitze in Aufsichtsrat und Vorstand unbesetzt. Ein unterbesetzter Aufsichtsrat wird nach einem Jahr beschlussunfähig. Bei Vorständen gehen die Rechte danach auf den Aufsichtsrat über.
- Der Gesetzentwurf des Bundesrates zur „Förderung gleichberechtigter Teilhabe von Frauen und Männern in Führungsgremien“ ist unterstützenswert. Er wurde von den SPD-regierten Bundesländern Hamburg und Brandenburg in den Bundesrat eingebracht und hat dort eine Mehrheit erhalten. Auch die CDU-geführten Großen Koalitionen aus Sachsen-Anhalt und dem Saarland haben dafür gestimmt. Der Entwurf sieht eine Mindestquote für Aufsichtsräte von börsennotierten und mitbestimmten Unternehmen vor. In einer ersten Stufe sollen bis 2018 mindestens 20 Prozent der Aufsichtsratsmandate mit Frauen besetzt werden. Dies betrifft sowohl Arbeitnehmervertreter als auch Anteilseigner. Bis 2023 soll der Frauenanteil in Aufsichtsräten bei 40 Prozent liegen. Nur wenn das Unternehmen nachweist, dass nur ungeeignete Personen zur Verfügung stehen, kann von der Quote abgewichen werden. Ansonsten greifen Sanktionen. Dazu zählt die steuerliche Abzugsunfähigkeit von Aufsichtsratsvergütungen. Durch Berichtspflichten der Unternehmen wird öffentliche Aufmerksamkeit für die Erfüllung der Frauenquote geschaffen.
- Der gemeinsame Gesetzentwurf der Bundestagsfraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen zur „Förderung gleichberechtigter Teilhabe von Frauen und Männern in Führungsgremien“ ist ein erster Schritt zu mehr Gleichstellung in der Wirtschaft. Für die volle Verwirklichung bleiben wir bei dem Gesetzentwurf der SPD-Bundestagsfraktion. Der rot-grüne Gesetzentwurf nimmt die Regelungen des Gesetzentwurfs des Bundesrates auf.
Morgen kommt die Stunde der Wahrheit im Deutschen Bundestag. CDU und FDP müssen Farbe bekennen. Eine verbindliche, gesetzliche Frauenquote gibt es nur mit der SPD!