Bei den Freiwilligendiensten drohen teure Doppelstrukturen

Bei den Freiwilligendiensten drohen teure Doppelstrukturen

Letzte Woche stellte Bundesfamilienministerin Schröder die Eckpunkte für den sog. Bundesfreiwilligendienst vor. Diese neue Form des Freiwilligendienstes ist notwendig, da mit der Aussetzung der Wehrpflicht ebenso der Zivildienst in seiner heutigen Ausgestaltung überholt sein wird.

Wir in der SPD-Bundestagsfraktion haben mit Freude vernommen, dass die Kritik, die die  Träger der Freiwilligendienst, die Bundesländer und auch die SPD-Bundestagsfraktion in den vergangenen Wochen zu den unterschiedlichen Konzepten des neuen Bundesfreiwilligendienstes vorgebracht haben, teilweise Früchte getragen haben. Nach der umfassenden Kritik hat die schwarz-gelbe Koalition nunmehr ihr Konzept deutlich nachgebessert. So wird der Start der neuen Dienstform mit deutlichen Verbesserungen für die Jugendfreiwilligendienste flankiert, die in früheren Planungen noch nicht vorgesehen waren. Das begrüßen wir sehr.

Leider gibt es einen großen Haken, denn das Grundproblem am Konzept von Ministerin Schröder bleibt weiter bestehen: Sie schafft mit dem Bundesfreiwilligendienst einen staatlichen Dienst, der neben die bewährten Formate Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) und Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ) tritt. So wird es teure, ineffiziente und überflüssige Doppelstrukturen geben, die sogar von den Fachpolitikern aus CDU/CSU und FDP kritisiert wurden.

Von außen betrachtet sollen die jungen Menschen während der Ableistung ihres Dienstes keinen Unterschied zwischen einer FSJ/FÖJ-Stelle und einer Bundesfreiwilligendienststelle sehen können, aber faktisch steckt der Teufel im Detail: So besitzen beide Dienste unterschiedliche Rechtsformen, die auch unterschiedliche Regelungen wie bspw. beim Kindergeld mit sich bringen. Das Kindergeld wird beim FSJ/FÖJ gezahlt, im neuen Bundesfreiwilligendienst jedoch nicht. Das ist unlogisch und wird für viele freiwillige Jugendliche (und ihre Eltern) eine böse Überraschung werden. Außerdem sieht das aktuelle Recht unterschiedliche Höchstgrenzen für das Taschengeld in Ost und West vor. Bitte Schluss damit! Wir sollten das anstehende Gesetzgebungsverfahren nutzen, um diese Höchstgrenzen bundesweit zu vereinheitlichen.

Irritationen gibt es für uns zudem bei den Zielgruppen des Bundesfreiwilligendienstes: Schwarz-Gelb plant auch Ältere und sogar Rentner in den neuen Dienst einzubeziehen. Wie sich so die pädagogische Begleitung der Freiwilligen gestaltet, die ein so großes Altersspektrum abdecken soll, bleibt fraglich. Es steht zu befürchten, dass Schwarz-Gelb die Chance verspielt, die Veränderungen beim Zivildienst für eine Stärkung der Freiwilligendienste und der Zivilgesellschaft zu nutzen. Zumal sie in dem geplanten Gesetz die Verantwortung der Träger, die sich in der Vergangenheit bei der Koordination und der Betreuung der Freiwilligen bewährt hat, außen vorlässt. Sie überträgt mit diesem Gesetz die bisherigen Zivildienst-Strukturen auf einen Freiwilligendienst.

Da ein Freiwilligendienst jedoch etwas völlig anderes ist als ein Pflichtdienst, ergibt das für uns keinen Sinn. Welche Folgen das Nebeneinander von Bundesfreiwilligendienst und Jugendfreiwilligendiensten letztlich haben wird, ist offen. Die Gefahr, dass in der neuen Konkurrenzsituation die Jugendfreiwilligendienste auf Dauer den Kürzeren ziehen, sehen wir nach wie vor. In jedem Fall stellen sich Trägern, Einsatzstellen und Freiwilligen jetzt, da die Ministerin das Rad neu erfinden will, viele Fragen. Das schafft Unsicherheit und wird bestimmt nicht zur Attraktivität des Bundesfreiwilligendienstes beitragen…