AKW auf Stand-by: Merkel fehlt der Mut zum konsequenten Atomausstieg
Das vergangene Wochenende wurde von der Regierung mit großen Brimborium zum Start der Energiewende aufgebauscht. Obwohl wir in der SPD die Richtung im Grundsatz begrüßen, lesen sich die Ergebnisse am Montag dann etwas bescheidener: Statt jetzt konsequent den Umbau der Energieversorgung hin zu einer Vollversorgung mit Erneuerbaren Energien zu beschleunigen und durch mutige Entscheidungen beim Atomausstieg Druck aufzubauen, bekommen Merkel und Rösler doch noch kalte Füße. Es sollen nun teure Reserven bereit gehalten und Sicherheitspuffer eingebaut werden.
Das klingt nur auf den ersten Blick vernünftig. Mittlerweile hat doch auch der Letzte gemerkt, dass die Stromversorgung nicht zusammenbricht, wenn die Mehrzahl der Reaktoren nicht am Netz ist. Jetzt nicht die sieben ältesten Atomkraftwerke (AKW) endgültig stillzulegen, sondern eines als Reserve auf Stand-by zu belassen, ist nicht nur völlig überflüssig und kostet unnötig Geld. Es zeigt vor allem, dass nicht – wie angekündigt – allein die Sicherheit im Vordergrund steht. Schließlich handelt es sich bei den als Reserve diskutierten AKW Biblis B und Philippsburg 1 um völlig veraltete Reaktoren. Biblis B gehört zu den vier am schlechtesten gegen Flugzeugabstürze gesicherten AKW und Philippsburg 1 ist ein Siedewasserreaktor der berüchtigten Baureihe 69.
Es ist nicht nachvollziehbar, warum es jetzt nicht vorrangig um die Minimierung von Restrisiken geht, sondern immer noch die Angst vor der fehlenden Versorgungssicherheit geschürt wird. Nicht nur Greenpeace, sondern auch Professor Olav Hohmeyer vom Sachverständigenrat für Umweltfragen haben aufgezeigt, dass sogar ein Atomausstieg bis 2015 möglich wäre, ohne dass die Versorgung gefährdet würde oder auch nur ein Kilometer Stromnetz zugebaut werden müsste.
Das Ziel muss es daher sein, den schnellstmöglichen Atomausstieg zu realisieren und nicht noch sogenannte Sicherheitspuffer einzubauen, durch die sich das Abschalten des letzten Reaktors sogar noch nach hinten verschieben kann. Mit dem jetzt beschlossenen Atomausstieg bis 2021 beziehungsweise 2022 landen Union und FDP zumindest beim Enddatum beim rotgrünen Ausstiegsbeschluss von 2000. Nachdem im Herbst noch die Atomlaufzeiten gegen den Willen der Bevölkerung um durchschnittlich zwölf Jahre verlängert wurden, haben Union und FDP nach Fukushima jetzt immerhin den Stand erreicht, auf dem die SPD schon vor elf Jahren war.