Menschenrechte von Flüchtlingen sichern – auch in Griechenland
Alle Fraktionen des Deutschen Bundestages (außer Die Linke) haben in dieser Sitzungswoche den interfraktionellen Antrag “Menschenwürde ist nicht verhandelbar – Bedingungen in griechischen Flüchtlingslagern sofort verbessern” verabschiedet. Aus SPD, Grüne, CDU/CSU und FDP fordern wir gemeinsam, dass die griechische Regierung die Zustände in ihren Flüchtlingslagern sofort verbessern muss. Auf einer Delegationsreise des Bundestages im September 2011 haben meine SPD-Fraktionskollegen Rüdiger Veit und Daniela Kolbe an der türkisch-griechischen Grenze Zustände in den Lagern gesehen, die entsetzlich waren. Migranten wurden in beengte, dunkle Zellen verfrachtet. Sie hausten auf verschmutzten Matratzenlagern und hatten weder Warmwasser noch Heizung. Die sanitären Anlagen waren Abort und Dusche zugleich. In derlei Enge und Schmutz harrten die Betroffenen ohne Hofgang 24 Stunden pro Tag aus. Medizinische Versorgung gab es nur, wo Mitglieder von “Ärzte ohne Grenzen” notdürftig das Handeln der untätigen Behörden ersetzten.
Unvertretbar sind nicht nur diese Lebensbedingungen. Ebenso unvertretbar ist die gängige Praxis griechischer Behörden, die Betroffenen bis zu sechs Monate pauschal als illegal eingereiste Migranten zu inhaftieren, obwohl dies bei denen, die einen Asylantrag stellen möchten, nach europäischem Recht nicht erlaubt ist.
In dem Antrag appellieren wir an die griechische Regierung, Migranten und Asylbewerber endlich menschenwürdig zu behandeln. Wir wissen, dass Griechenland schwerste wirtschaftliche Probleme bewältigen muss. Aber die EU hat dem Land längst Fonds zur Verfügung gestellt, um es im Umgang mit Migranten und Asylbewerbern zu unterstützen. Vor Ort erfuhren die Abgeordneten, dass die griechische Regierung diese Mittel bislang nicht einmal abgerufen hatte. Wir vergessen aber auch nicht, dass die Misere der griechischen Flüchtlingspolitik auch auf die Überforderung des kleinen Landes zurückgeht: Nach der europäischen Dublin II-Verordnung ist der Mitgliedstaat für die Prüfung eines Asylantrages zuständig, über den der Antragsteller eingereist ist. Kein Wunder, dass diese Regelung die Staaten an den Außengrenzen überfordert. Griechenland hat eine Landgrenze zur Türkei und eine schwer kontrollierbare Seegrenze einschließlich tausender Inseln. So kommen über Griechenland jährlich 200.000 bis 300.000 als Neuankömmlinge über Griechenland in die EU. Statt einer Überlastung der Staaten mit Außengrenzen brauchen wir eine gerechte Verantwortungsteilung in der EU, die die Aufnahme von Asylbewerbern nach Quoten verteilt. Dies könnte anhand von Größe, Einwohnerzahl und Wirtschaftskraft geschehen. Mehrere Mitgliedstaaten, unter ihnen Deutschland, verweigern sich diesem Gebot der Solidarität. Das ist unverantwortlich.
Menschenrechte sind nicht verhandelbar, von keinem Menschen auf dieser Welt, erst recht nicht von Flüchtlingen. Deshalb muss Griechenland sofort handeln. Dafür stellt die EU Unterstützung bereit. Und die übrigen Mitgliedstaaten der EU dürfen die Staaten an den Außengrenzen nicht länger allein lassen. Das gebieten die Menschenrechte der Flüchtlinge ebenso wie die innereuropäische Solidarität. Wir brauchen endlich eine flüchtlingspolitische Verantwortungsteilung in der EU.