Immer voll drauf – Sarrazin schafft sich selber ab
Die Vorab-Veröffentlichungen des Buches von Thilo Sarrazin haben die erhoffte Wirkung erzielt: Aufmerksamkeit. Seine pauschale Abrechnung mit Migranten, Hartz-IV-Empfängern und Zuwanderung bestimmen die Kolumnen der Tageszeitungen. Den Verkaufszahlen seines Buches wird das nicht schaden.
Natürlich ist es erbärmlich, dass Sarrazin meint, er würde Wahrheiten aussprechen, und wie er diese dann doch geflissentlich verschweigt oder verzerrt. Wie ist sonst zu erklären, dass er gar nicht erst erwähnt, dass erfolgreiche und gut ausgebildete Migranten (es gibt sie tatsächlich!) inzwischen in hoher Zahl unser Land verlassen. Meint Sarrazin, dass er mit pauschalen, diskriminierenden und schlichtweg dummen Äußerungen die Attraktivität unseres Landes für seine Bürgerinnen und Bürger steigert? Mit derart schiefen Vergleichen, Unterstellungen und Milchmädchenrechnungen schafft Sarrazin vor allem eins: Er macht unser Land lächerlich. Das dürfen wir auf keinen Fall zulassen.
Was für eine Erbärmlichkeit, sich auf sozial Schwache zu stürzen und diese als Sozialtransfer-Abzocker hinzustellen. Hat dieser Mann eigentlich noch irgendeinen Realitätssinn? So sind in unserer Gesellschaft ein Großteil der Armen schlichtweg alleinerziehende Frauen, die sich ein bequemes Leben wie Thilo Sarrazin es führen darf, wohl nicht einmal vorstellen können.
Ich bin entsetzt, wie skrupellos Sarrazin Ängste vor Überfremdung, Masseneinwanderung von Muslimen und dem Niedergang des deutschen Sozialstaates schürt. Demographischer Wandel, muslimische Migranten, Zuwanderung, Sozialleistungen – alles wirft er pauschal in einen Topf um unter anderem zu der Erkenntnis zu gelangen, dass in 300 Jahren in Deutschland nur noch 3 Millionen Einwohner leben würden. Und welche Rezepte stellt uns Sarrazin für eine bessere Entwicklung unserer Gesellschaft vor?
In diesen Zeiten von ungesteuerter Zuwanderung zu sprechen ist alles andere als seriös. Die Realität sieht längst anders aus: Deutschland hat ein echtes Zuwanderungsproblem! Im Jahr 2009 wanderten 13.000 Menschen mehr aus, als zu uns kamen. Und: Aus der Türkei kamen 30.000 Personen, allerdings wanderten 40.000 aus Deutschland in die Türkei ab. Diese und andere seriösen Zahlen des Statistischen Bundesamts hätte Sarrazin problemlos abrufen können. Das dürfte kaum in seinem Interesse sein, er möchte sich wichtig tun und appeliert an die niedersten Instinkte in der Bevölkerung. Widerlich!
Klar ist: Unsere Gesellschaft kann nur funktionieren, wenn Deutsche mit und ohne Migrationshintergrund vernünftig zusammen leben. Sarrazins Äußerungen sind da wenig hilfreich und scheinen eher auf eine gute Verkaufsquote seines Buches zu zielen. Bitter.